Saigon: Stadt extremer Kontraste


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Wenn die Nachtschwärmer noch unterwegs sind, stehen die Garküchenbetreiber schon wieder auf und brutzeln für die Frühaufsteher. Bald öffnen auf der Dong Khoi, der Lebensader der Stadt, die ersten Cafés und schon hat das tägliche Verkehrschaos mit dem ohrenbetäubenden Lärm von massenhaft Scootern die Millionenmetropole fest im Griff. Als Saigon noch Hauptstadt der französischen Kolonie Cochinchina war, hieß die pulsierende Straße Rue Catinat und galt mit ihren Bars, Clubs und Variétés als die Ausgehmeile der mondänen Metropole. Mit Einzug der Kommunisten Ende des Vietnamkriegs 1975 wurde zu Ehren des vermeintlichen Befreiers Ho-Chi-Minh Saigon (am gleichnamigen Fluss) in »Ho-Chi-Minh-Stadt« umbenannt.

Obwohl die Stadt atemberaubend schnell wächst und Spekulanten aller Couleur lockt, ist »Onkel Ho«, der den Kommunismus nach Vietnam brachte, nahezu allgegenwärtig. Im historischen Hauptpostamt, von Gustave Eiffel 1887 in ein eisernes Korsett gehüllt, wacht sein Konterfei über das geschäftige Treiben in der Schalterhalle. Die einst dominante Kathedrale Notre-Dame in der Nähe ist heute von Wolkenkratzern umzingelt. Überhaupt bestimmen die Bauriesen seit dem wirtschaftlichen Aufbruch der späten 1980er Jahre das Bild der Stadt. Als Wahrzeichen der modernen Metropole gelten indessen das alte Stadttheater und das Rathaus aus dem einstigen »Paris des Ostens«, das heute Amtssitz der Volkspartei ist.

Nach Büroschluss trifft man sich zum Sundowner in den Rooftop-Bars

Mit Loungemusik in voller Lautstärke trotzt man dem Lärm der Straße. Für kurze Zeit taucht dann die untergehende Sonne die Skyline der Wolkenkratzer in mildes Licht. Dann übernehmen die flimmernden Leuchtfassaden. Die Millionenstadt im tropischen Süden Vietnams hat sich in die stetig wachsenden Metropolen der Welt eingereiht.
Hinter den Neonlichtfassaden der Mega-City gibt der Rhythmus des traditionellen Lebens noch den Ton an. In kleinen Häusern leben oft drei Generationen auf engstem Raum. In der emsigen Geschäftigkeit der schmalen Gassen floriert der Privathandel mit Garküchen und allem, was man hier zum täglichen Bedarf braucht. Ein Segen für die privaten Händler und Garküchen-Betreiber, dass sich der Mekong mit seinem fruchtbaren Delta gleichsam vor der Haustür ausbreitet.
Flussdampfer, Fährschiffe, Lastkähne, Boote, Kanus und nostalgische Dschunken kreuzen die Gewässer des Deltas. Auf einer kleinen Mekong-Kreuzfahrt kann man das pralle Leben des schwimmenden Marktes von Cai Rang hautnah erleben. Von Sonnenaufgang bis zur feuchten Mittagshitze wird um alles gefeilscht, was das Delta hergibt, von Reis über Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch bis hin zu Blumen und Hölzern. Keiner lässt sich in dem Gedrängel aus der Ruhe bringen, nicht die zierliche Frau mit ihrem typischen Kegelhut aus Reisstroh, die ihr kleines Boot zielstrebig durch den Markt navigiert, und auch die Männer auf den Händlerkähnen nicht, die rauchend auf Bambusstühlen sitzen, während die Frauen Gemüse putzen oder Kinder in Hängematten in den Schlaf schaukeln.

Fotos Charlotte Wolf

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