«Selbst schwere Leiden dürfen kein Hindernis sein»


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Wochenenden oder sogar Feiertage im Krankenhaus verbringen – damit belasten Mediziner ihre Patienten nur dann, wenn es tatsächlich nicht anders vertretbar ist. Entscheidend für die Beurteilung ist das Kriterium der Transportfähigkeit. Wie aber wird es ermöglicht, dass sogar Schwerstkranke an einer Wallfahrt teilnehmen? Welche Vorbereitungen sind dafür erforderlich? Darüber sprach KÜS magazin mit Werner Gutheil. Der katholische Klinikpfarrer begleitet seit Jahren regelmäßig Wallfahrten nach Lourdes.

Pressefoto Werner Gutheil 2009

Herr Pfarrer Gutheil, was unterscheidet eine Wallfahrt nach Lourdes für einen kranken Menschen von anderen Reisen hinsichtlich der Transportfähigkeit?
Ob jemand transportfähig ist oder nicht – das hat bei einer Wallfahrt eine ganz andere Bedeutung als bei einem Kurzurlaub aus dem Krankenhaus für ein Wochenende oder für Feiertage. Allein für eine Wallfahrt mit 60 Teilnehmenden sind in der Regel drei Ärzte dabei, es ist auch immer jemand da, der einen Teilnehmenden im Rollstuhl schieben kann.

Wie verhält es sich mit Liegendkranken?
Gerade bei Liegendkranken habe ich mehrfach erlebt, dass sie diese Wallfahrt, was die körperliche Seite angeht, sehr gut bewältigen und mit großem Gewinn für ihre seelische Verfassung. Zu beachten ist ja: Auch wenn man sich selbst subjektiv als zu krank wahrnimmt, um eine solche Wallfahrt zu bewältigen, kann das aus medizinischer Sicht ganz anders aussehen. Zu einer langen und schweren Krankheit gehört es – leider, aber auch ganz natürlich – dazu, dass Menschen resignieren, verzweifeln und sich immer weniger zutrauen.

Welche Qualifikationen müssen Ärzte haben, um bei einer solchen Wallfahrt eingesetzt zu werden?
Unbedingt notwendig ist es, dass zum medizinischen Wissen das persönliche Engagement hinzutritt. Wer als Arzt eine Wallfahrt begleitet, muss selbst hinter dem Anliegen einer solchen Wallfahrt stehen und persönlich davon überzeugt sein.

Wie erleben Sie selbst die Wirkung einer Wallfahrt auf die Kranken?
Das Erlebnis der Gemeinschaft, wie sie in Lourdes gegeben ist, lässt sich hier nur andeutungsweise beschreiben. Das muss man wirklich selbst erlebt haben, um zu wissen, wovon ich spreche.

Wie verhält es sich mit den so oft zitierten und genau so oft auch belächelten Lourdes-Wundern?
Um es einmal ganz drastisch zu sagen: Ich habe noch nicht erlebt, dass ein amputiertes Bein während der Tage in Lourdes nachwuchs. Das erwartet aber auch niemand unter den teilnehmenden Kranken. Was man aber feststellen kann und besonders den Skeptikern und Spöttern zum Thema Wunder sagen muss, ist: Eine Wallfahrt nach Lourdes gibt den Kranken, gerade den Schwerkranken, Kraft. Es ist die Kraft, die nötig ist, um die Krankheit zu bewältigen – so, wie die Bewältigung im Einzelfall eben möglich ist. Der Flug ist gut organisiert, vor Ort in Lourdes ist alles vorbereitet, sodass wohl niemand auf eine Wallfahrt verzichten muss, der die Teilnahme wünscht, sie sich aber nicht zutraut.

Herr Pfarrer Gutheil, vielen Dank für das Gespräch.

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Buchtipp Pattloch zu Lourdes

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WERNER GUTHEIL

  • Katholischer Klinikpfarrer Klinikum Hanau
  • Ethikberater im Gesundheitswesen und Palliative Care
  • Trauerbegleiter i.A./Trauerangebote im Main-Kinzig-Kreis

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