Er brauche seine Oldies, weil sie ihm von seinem aufgestauten Zorn befreien und er dann entspannter auf der Bühne stehe, verrät er. Wenn er im Auto so herumgleite, kämen ihm reichlich Ideen. Daraus sei schon manches Bühnenprogramm geworden.
Die silbergraue Citroën DS aus dem Baujahr 1966, die letzte mit den stehenden Scheinwerfern, ist nicht Priols einziger Auto-Schatz, da gibt es noch ein paar Exemplare mehr: Engländer, Franzosen, deutsche Modelle, kleine und große, teure und billige. Sie stehen in einer Halle in einem Nachbarort seiner Geburtsstadt Aschaffenburg.
Eine faszinierende und beinahe etwas konfus anmutende Sammlung, die Priol nicht oft herzeigt. Für uns macht er eine Ausnahme. Jedes Exemplar kennzeichnet quasi ein Lebenskapitel des Künstlers. Vieles rührt aus Zeiten, als Urban noch in Kneipen bediente, seinen Führerschein machte, von James- Bond-Autos träumte, das Lehramtsstudium abbrach.
Die Engländer faszinieren ihn, seit er im Alter von 16 auf der Insel ein halbes Jahr zur Schule ging und eine Witwe ihn dort in einem Riley rumkutschierte. Die Franzosen haben es ihm angetan, weil Priol in den Siebzigern manchen Sommer bei Gastfamilien verbrachte und am Straßenrand stundenlang Autos gezählt hatte. Für die Liebe zum alten Blech habe er manche Bleivergiftung riskiert, das Resultat einer teenagerlichen Prägung.
Der Allererste, mit dem vor 30 Jahren alles begann, ist ein Alfa Romeo. Die Idee für das Auto reifte auf einem Rimini-Urlaub. Priol entdeckte dort jenes Exemplar, das so hieß wie seine gerade geborene Tochter: Giulia. Das Auto hat er noch heute, die Tochter natürlich auch.
Das alte Blech steht freilich nicht nur rum, Urban benutzt es auch, es gibt ja genug Auswahl. Für moderne Autos hat er schon seit einigen Jahren nichts mehr übrig, er fahre nur die Alten, wie sein Opel Kadett C-Coupé. So eines hatte Urban Priol schon früher, in den wilden Achtzigern, mit Fuchsschwanz am Rückspiegel, aus Zeiten, als er noch Landschaftsarchitekt werden wollte und Atomkraft-Nein-Danke!-Aufkleber am Heckfenster montierte.
Aber er wurde Kabarettist. Seine Karriere sei wie eine Rolltreppe, erklärt Priol, immer schön langsam, niemals übereilt. Wer zu schnell den Gipfel erklimmt, stürzt nicht selten schnell wieder ab. Priol ist ständig auf Tour. 160 Auftritte pro Jahr waren es vor Corona. Auf der Bühne zerlegt er gekonnt die großen und kleinen Probleme dieser Welt auf seine ihm typische Art. Natürlich hat ihn das Fernsehen erst richtig bekannt gemacht. Mit der Sendung »Neues aus der Anstalt« trat er als Klinikleiter in die Fußstapfen seines Vorbildes, des großen Dieter Hildebrandt.
Aber was wäre ein Kabarettist ohne die eigene Bühne, wie den Hofgarten in Aschaffenburg, ein altes Lichtspielhaus. Priol hatte es quasi aus eigener Tasche zu einem Veranstaltungsort für Kleinkunst und Kabarett umbauen lassen. Altes bewahren und raffiniert weiterführen, das habe ihm immer schon viel Freude bereitet, im Theater und erst recht bei seinen Oldies auf vier Rädern.
Fotos Thorsten Link