Hier jogge sie, so oft es geht, ein paar Runden, sagt sie. Die Frau ist fast 80. Man sieht es ihr nicht an. Natürlich könne sie sich noch ganz genau an ihr erstes Auto erinnern, das habe viel mit den Anfängen ihrer Filmkarriere zu tun. 1965 dreht Uschi Glas »Der unheimliche Mönch« mit dem Österreicher Harald Reinl, einer der erfolgreichsten Regisseure des deutschen Nachkriegsfilms. Es ist ihre erste Rolle. Sie erhält den Job eher zufällig und auch nur, weil Schauspielerin-Kollegin Grit Boettcher krankheitsbedingt absagen muss. Zu hören allerdings ist sie nicht. Die junge Schauspielerin muss nachsynchronisiert werden. Man hat Sorge, dass das Publikum ihren bayerischen Akzent nicht versteht. Ein wichtiger Filmpartner, erzählt sie, sei dieser wunderbare MG Midget gewesen, damals ein Dauergast der Wallace-Reihe, rechtsgelenkt mit Steckfenstern. In das Auto habe sie sich sofort verliebt. Als die Produktionsleitung nach Abschluss der Dreharbeiten beabsichtigt, das lädierte Fahrzeug auszurangieren, schlägt Uschis Stunde. „Bevor ihr den wegschmeißt, kauf ich den, so kam ich zu meinem ersten Auto“, lacht sie. „Ich war mir sicher, die Leute fallen in Ohnmacht, wenn ich mit diesem MG aufkreuze“. Allerdings landet sie mit ihm allzu oft in der Werkstatt. Der niedliche Engländer entpuppt sich als unzuverlässig und teuer. „Ich konnte irgendwann die Reparaturen nicht mehr bezahlen, aber trotzdem war das Auto mein ganzer Stolz“, sagt sie mit ehrlicher Wehmut.
Uschi Glas ist gebürtige Niederbayerin, Landkreis Dingolfing-Landau, da klingelt doch was. Die Region ist damals ein wichtiger Automobilstandort. Von hier stammt das »Teufelsding aus Dingolfing«, so hieß in der Werbung das Goggomobil, in den Fünfzigern der meistverkaufte Kleinwagen der Welt. Natürlich werde sie oft gefragt, ob sie mit Goggo-Erfinder Hans Glas in einer verwandtschaftlichen Beziehung stünde. „Nicht wirklich“, sagt Uschi Glas und schmunzelt. „Ich habe den alten Hans Glas aber noch kennengelernt, der hatte einen eiskalten Humor, das hat mich schwer beeindruckt“. Eine Verbindung gibt es dennoch: Ihr Vater hatte bei den Glas-Werken einen Job, und die Familie fuhr früher einen Isar T700, das »große Goggomobil«. Sie selber sei später gerne in ihrem Glas V8, dem noblen »Glaserati«, unterwegs gewesen. So einen hatte sie, bis sie auf Modelle von BMW umsattelte.
Uschi Glas und BMW – das zieht sich durch ihr Filmoeuvre wie ein roter Faden. Etwa 1968, als sie in einem »327«-Vorkriegsklassiker durch Münchens Stadtteil Schwabing kurvt, ein sündhaft teures Sammlerstück. »Zur Sache, Schätzchen« ist eine freche Komödie, die mit launigen Sprüchen mitten ins Herz der 68er-Generation trifft. Auch dieser Film damals noch in Schwarz-Weiß, weil das knappe Budget nicht für einen Farbfilm reichte. Die Low-Budget-Produktion entpuppt sich allerdings unerwartet als Verkaufsschlager. Uschi Glas, die das Engagement erst ausschlagen wollte, wird für einen Filmpreis als beste Hauptdarstellerin nominiert. Über Nacht ist sie ein Star des deutschen Kinofilms. „Mein Gott, war das herrlich, mit dem tollen BMW durch die Ludwigstraße in Schwabing zu brettern, das war ja damals quasi der Nabel der Welt“, erzählt sie. „Die haben für die Aufnahmen nicht einmal die Straßen gesperrt.“
Sie habe immer gerne Rollen gespielt, bei denen sie auch selber fahren durfte, sagt Uschi Glas. So auch in den launigen Wörthersee-Komödien, wie »Hilfe, ich liebe Zwillinge« von 1969. Uschi Glas steuert seinerzeit einen Siata Spring, jenes schräg anmutende Cabriolet auf Basis des Fiat 850 Spider, durch das malerische Kärnten. An ihrer Seite: Schlagerstar Roy Black, mit dem sie in den Spätsechzigern das Traumpaar des deutschen Films bildet. Roy, erzählt Uschi, habe sich für Autos überhaupt nicht interessiert. In der Zeit avanciert sie zum Teenager-Idol, schafft es gleich mehrfach auf die BRAVO-Titelseite. Privat schlägt ihr Herz später auch für Mercedes, vor allem für den SL. Der wird für Uschi Glas quasi zum Lebensbegleiter. Sie fährt über mehr als drei Jahrzehnte fast alle Generationen. Heute bedauert sie es, dass sie keinen einzigen aufgehoben hat.
Aber wir haben da was arrangiert, Mitglieder eines Stuttgarter Mercedes-Clubs nach München eingeladen. Zwei Clubmitglieder haben ihre R107 dabei, das war damals auch Uschis allererster SL, da war sie Ende 20. So alt wie die beiden Besitzer heute. Die könnten, unglaublich, aber wahr, doch glatt ihre Enkel sein. Den 280er von Patrick Rothenbacher hatte einst der Opa gekauft, dann besaßen ihn Patricks Eltern. Die hatten das Auto über Jahre weggestellt und aufgehoben, für den Sohn. Rührend, bemerkt Uschi.
Und erzählt uns: Motorsport sei eine weitere große Leidenschaft. Viele Grand-Prix-Strecken kenne sie persönlich, Barcelona, Monza, Hockenheim. „Mit Niki Lauda war ich gut befreundet“, verrät sie, „das war ein ganz Netter. Auch seine Frau Marlene. Die war vorher mit Curd Jürgens zusammen, daher kannte ich sie. Sie glauben ja nicht, was wir in den Boxengassen so alles angestellt haben, das war eine irre Zeit, der Wahnsinn“.
Zum Schluss noch ein paar Fotos im Schlossgarten für die Fans. Uschi Glas sagt, sie sei dankbar, dass sie mit Ende 70 auch bei jüngeren Leuten beliebt sei, heute noch. Das habe sie sicher ihren jüngeren Filmen zu verdanken, der »Fack Ju Göhte«-Trilogie, oder »Max und die wilde 7«. Filme, in denen sie sich mitunter selbst aufs Korn nimmt. Hätte sie früher nie gemacht. Die großen Rollen brauche sie nicht mehr. Angebote habe sie genug. Wenn die Drehbücher passen, nimmt sie auch kleinere Engagements in Kauf. Wie bei ihren Autos.
Sagt sie und steigt in ihren smart. Die kleine Rennsemmel. Der passt irgendwie perfekt zu dieser sympathischen Powerfrau mit einer fast unglaublich langen Karriere.
Fotos BMW, Thorsten Link/SWR