Vom Russ-Land zur Kulturlandschaft: Unterwegs im Ruhrgebiet


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Ruß-Land, Kohlenpott oder einfach Pott: Die (selbst)ironischen Spitznamen für das Ruhrgebiet und bisweilen raue Redensarten (Watt bisse, watt kannze? Doof bisse, datt kannze.) bringen auf den Punkt, wie sehr die Industrie die Region über Jahrzehnte geprägt hat. Wer offenen Auges hier unterwegs ist, merkt freilich schnell, wie viel Reizvolles hier zu entdecken ist.

Altstadt Recklinghausen ZWINGEND

Die Altstadt von Recklinghausen

 

Meine Tour startet in Recklinghausen. Hier bin ich untergebracht – im «Hotel am Bahnhof», dessen Name tatsächlich Programm ist: Die Zimmer heißen z. B. «Pennsylvania Station» und «Central Station», Schilder der in den 70er-Jahren üblichen Intercity-Züge gehören zur Dekoration. Die Schilder sind echt, nicht etwa nachgebaut – Liebe zum Detail, die schon deutlich macht, dass hier der Gast wirklich willkommen ist. Die Altstadt lädt zu einem ausgedehnten Bummel ein, der mit einem Besuch im Kolpinghaus abschließt. Es verpflichtet sich mit einer Extrakarte regionaltypischer Spezialitäten der Heimat und mit moderaten Preisen dem Anliegen des Namengebers.

Nächste Station: Essen, Kulturhauptstadt 2010. Hier sind die Villa Hügel und das Folkwang Museum als Kulturinstitutionen bekannt gewesen, als das «Ruß-Land» noch Wirklichkeit war. Beispielhaft für den Wandel der Region jedoch steht das Weltkulturerbe Zeche Zollverein, das sich in seiner Fülle dem Besucher wohl nur erschließt, wenn er Zeit investiert und unbedingt an einer Führung teilnimmt.

ZWINGEND Foto Götz George

Nun bleibt noch Zeit für Duisburg. Von hier aus wurde vor 30 Jahren die deutsche Krimikultur revolutioniert: Am 28. Juni 1981 ging Götz George als Horst Schimanski erstmals im «Tatort» zum Dienst – verkatert und ungewaschen und mit zwei roh verzehrten Eiern im Bauch. Das schmuddelige Raubein ist längst Kult, ermittelt als (Un)-Ruheständler noch in loser Folge unter dem Titel «Schimanski» und hält dem ehemaligen Einsatzort die Treue. Am Bahnhof weisen Reklamen auf zwei weitere bekannte Kinder der Stadt: Neben dem beliebten König Pilsener kommen auch die Sinalco-Getränke aus Duisburg. Neben ausgedehnten Shoppingcentern (City-Palais, Forum) finden sich immer wieder kleine Fachgeschäfte, etwa «Die Schallplatte» (Münzstraße), Spezialist für Tonträger auf CD und Vinyl – eine Spezies, die im MP3- und Downloadzeitalter vielerorts ausgestorben ist. Vor dem Geschäft kommen übrigens Fußballfans auf ihre Kosten. Eine Hinweistafel erinnert daran, dass Uwe Seeler einst nicht wusste, was manchem Nicht-Duisburger gleichfalls unbekannt sein mag: Der MSV Duisburg trägt in der Abkürzung den Namen des Stadtteils, aus dem er kommt: Es ist der Meidericher Spielverein 02 e.V. Duisburg.

Panhas ZWINGEND

Der westfälische Panhas wird im gesamten Ruhrgebiet (wie hier im Foto) gerne gegessen. Panhas selbstgemacht: 4 Zwiebeln und 200 Gramm durchwachsener Speck werden fein gewürfelt und in etwas Fett angebraten. Hinzu kommen insgesamt 500 Gramm Blut- und Leberwurst (anteilig so, wie man es mag), die mit durchgebraten werden. Ein Liter heiße Fleischbrühe wird angegossen. Dann kommt zum Binden Buchweizenmehl hinzu – bei den genannten Zutaten werden etwa 250 Gramm benötigt. Die Masse wird vorsichtig mit Salz, großzügig mit Pfeffer und nach Geschmack mit Piment gewürzt und in eine Schüssel gegeben. Nach dem Erkalten schneidet man die Masse in Scheiben und brät sie in Fett knusprig-kross. Dazu gibt es Brot, Kartoffeln und gerne auch Sauerkraut.

Es gäbe noch viel zu entdecken, sicherlich, so dass eine zweite Ruhr-Tour irgendwann erfolgen muss. Klar ist aber schon jetzt: Aus dem einstigen Ruß-Land ist eine reizvolle (Kultur-)Landschaft geworden, die ihre Prägung nicht verleugnet, sondern attraktiv umsetzt. Wir stellen hier einige Highlights vor.

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Ruhrgebiet Marco Polo

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