Vorbeugen ist besser als heilen – aber wie?


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In KÜSmagazin 62 wurden Gesundheitsschäden durch Routine und alltäglichen Trott angesprochen einschließlich der negativen Folgen für Prüfer, Kollegen, Kunden sowie Umsatz. Wie kann man nun Gegenmaßnahmen in der täglichen Prüftätigkeit integrieren und ohne größeren Mehraufwand durchführen? Hier meine Erfahrungen im Arbeitsalltag als KÜS-Prüfingenieur.

KÖNNEN — WOLLEN — TUN

Die Grundlage bildet wesentlich das eigene Problembewusstsein. Des Weiteren müssen die Zusammenhänge klar und die erforderlichen Möglichkeiten bekannt sein.
Damit habe ich das erforderliche Wissen, genauer gesagt das KÖNNEN. Bin ich auch motiviert etwas zu tun, ist auch das WOLLEN gegeben.
Vor dem Umsetzen steht dann meistens ein alter Bekannter: der »innere Schweinehund«, der uns mit vielerlei Tricks und Argumenten am TUN hindert. Erst wenn ich diese drei Aspekte im Griff habe, kann es ein Erfolg werden.
Bei der Wirbelsäule geht es neben der mobilisierenden äußeren Muskulatur im Wesentlichen um die innere Muskulatur. Letztere wird im Alltag selten bis gar nicht trainiert. Wir betrachten hier nicht die darüber hinaus erforderliche Stärkung von Koordinations- und Balancetraining.

Was kann ich sofort tun?

Generell geht es darum, die normale Doppel-S-Form der Wirbelsäule zu erreichen und so die Last in den einzelnen Segmenten zu verringern.
Fangen wir oben an:

-Kopf aufrecht, Hals leicht gestreckt und somit die Wirbel nach hinten verschoben. Hilfreich ist dabei, eine Mütze mit Schirm (vorne!). Ein seitlicher Blick in den Spiegel zeigt den Unterschied.

-Aufrecht stehen und gehen. Das bedeutet Schulter zurück oder nach der alten Regel »Bauch rein – Brust raus«. Spiegelblick zur Kontrolle – siehe oben.

– Stabilisierung im Lendenbereich durch bewusstes Anspannen der tiefen Bauch- und Beckenbodenmuskulatur gegen das Zwerchfell vor und während kraftbedingter Arbeiten, die sogenannte segmentale Stabilisierung.

– Bei rotierenden Kraftwirkungen wie dem Rausschwenken der Räder sind die Knie leicht gebeugt, um die Belastung der Wirbelsäule zu verringern.

– Mit beiden Füßen vollflächig am Boden stehen.

– Die Wirkebene soll nicht verdreht, senkrecht vor den Füßen und nah am Körper sein.

– Bei vorgebeugten Arbeiten das Standbein leicht beugen, das freie Bein als »Ausgleichsgewicht« nach hinten strecken.

– Aktives Sitzen, also der kontinuierliche Wechsel der Haltung und Wechsel von stehen und sitzen.

Technisch Interessierte können sich das als Kombination von Kräften, Drehmomenten und Kraftwirkungen mit der Vektorrechnung bildhaft darstellen.

Zahnrad-Analogie der Wirbelsäule

Richte ich die grüne Brustwirbelsäule auf,
wird automatisch die rote Halswirbelsäule
gestreckt und die blaue Lendenwirbelsäule
nach vorn gekippt. Dadurch wird automatisch
die optimale Form der gesamten Wirbelsäule hergestellt.

Durch diese statische Ausrichtung wird die Belastung der einzelnen Elemente minimiert.

Da es aber keine technischen Teile sondern
biologische Elemente sind, ist eine kontinuierliche
Versorgung mit Nährstoffen erforderlich sowie der Abtransport der Stoffwechselprodukte.
Dies erfolgt durch das Prinzip des dynamischen Sitzens.

Je mehr dieses »Getriebe« dynamisch bewegt wird, umso länger die Funktionsfähigkeit. Es ist nicht verboten, auch mal am Schreibtisch zu kauern oder »in die Tischkante zu beißen«. Der Wechsel machts.

Arbeitsplatz einrichten

Am Arbeitsplatz sind mit überschaubarem Aufwand folgende Maßnahmen sinnvoll:

– Höhenverstellbare Arbeitstische mit Elektroantrieb in Büro und Prüfhalle bzw. zwei Arbeitsebenen für stehende und sitzende Arbeit. Letzteres ist nicht günstiger und bringt Probleme hinsichtlich Bildschirm und Tastatur mit sich.

-Im Standbereich eine mobilisierend wirkende 1 x 0,5 m und 5 cm dicke Schaumstoffmatte (z. B. Kybun, www.kybun.de). Kostengünstiger geht es bei Einhaltung der Kennwerte natürlich immer.

– Am Schreibtisch ein ergonomischer einstellbarer Bürostuhl. Verwendung eines Balance Sitzhockers.

ÜBUNGEN IM ALLTAG

Vorbeugen kann ich schon am Morgen, ohne dass das wesentlich Zeit kostet oder zusätzlichen Aufwand bedeutet. Sind Vorschädigungen im Wirbelbereich bekannt oder treten Schmerzen auf, ist erst ein Facharzt zu konsultieren.

– Im Bett an die Bettkante rücken, so dass der Arm noch Widerstandsfläche findet. Die Lendenwirbelsäule flach nach unten drücken, anspannen und halten, Zehen zurückziehen und abwechselnd 10 Sekunden den linken /rechten Arm flächig auf das Bett pressen (und normal weiteratmen). Der „Gähn-Effekt“ ist ein Maß für den Erfolg.

– Die Beine leicht anwinkeln, Füße aufsetzen, Finger flächig unterhalb des Bauchs auflegen (Leistenbereich) und 10 mal die Beckenbodenmuskeln in Stufen leicht anspannen und 10 Sekunden halten. Das ist Übungssache. Wenn man den Bogen raus hat, spürt man sofort den Erfolg in den Fingern. Da dort drei Muskeln liegen, kann man die mit etwas Übung auch einzeln ansprechen und spüren.

– Die Lendenwirbelsäule flach nach unten drücken, anspannen und halten, Oberschenkel 90 Grad anwinkeln, Unterschenkel horizontal. Dann 10 mal abwechselnd ein Bein nach vorn schieben (also 20 Bewegungen), beim Vorschieben ausatmen.

– Seitlich auf dem Unterarm gestützt das Becken vom Boden heben und 30 Sekunden halten (gestützt auf Unterarm und Fuß) je fünf Durchgänge links- und rechtsseitig zur Kräftigung der Diagonalmuskulatur.

– Zum Schluss einige Dehnungsübungen, die kann man sich gut bei Hund und Katze abschauen.

Abgerundet wird das Ganze durch eine banale Tätigkeit: Radeln – ohne Hilfsmotor.

In Summe also ein geringer Aufwand, keine Behinderung im Arbeitsfluß und kaum zusätzlicher Zeitaufwand. Es gibt darüber hinaus eine schier unendliche Fülle von (Trainings-) Angeboten, Büchern, etc. am Markt, die für einen tieferen Einstieg ins Thema keine Wünsche offen lassen. Das ist individuelle Geschmackssache. Wichtig ist nur Eines: Nicht die Vielfalt der Übungen sondern die Regelmäßigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg.

Bleiben Sie aktiv und gesund!

Fotos Meise

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